
Die perfekte Forschungslücke finden & formulieren
Das Identifizieren und Formulieren einer Forschungslücke zählt zu den wichtigsten Aufgaben im Verlauf einer akademischen Arbeit. Eine präzise beschriebene Lücke zeigt nicht nur, dass du dich fundiert mit dem Forschungsstand auseinandergesetzt hast, sondern bildet gleichzeitig die Grundlage für eine überzeugende Forschungsfrage. In diesem Blogbeitrag erklären wir dir, was eine Forschungslücke ist, wie du sie findest und wie du sie sinnvoll in deine Bachelor- oder Masterarbeit einbindest.
Was ist eine Forschungslücke?
Unter einer Forschungslücke versteht man eine noch nicht ausreichend untersuchte oder widersprüchlich belegte Fragestellung in einem bestimmten Themengebiet. Ziel einer jeden wissenschaftlichen Arbeit sollte es sein, genau diese Lücke zu erkennen und – zumindest teilweise – zur Schließung beizutragen. Häufig muss es gar nicht die weltweit erste Untersuchung eines Themas sein. Vielmehr kann es genügen, neue Blickwinkel auf eine bereits bekannte Fragestellung zu eröffnen, alternative Methoden einzusetzen oder Forschungsergebnisse in einem anderen kulturellen oder zeitlichen Kontext zu betrachten.
Beispiel: Wenn bereits viele Studien zu Social-Media-Verhalten existieren, aber kaum Untersuchungen zur Auswirkung von TikTok-Nutzungszeiten auf bestimmte Altersgruppen vorliegen, könnte dies eine mögliche Forschungslücke sein.
Warum ist eine Forschungslücke so wichtig?
Eine schlüssig identifizierte Forschungslücke bildet das Herzstück deiner wissenschaftlichen Arbeit. Sie erfüllt gleich mehrere Funktionen:
- Relevanz: Eine Forschungslücke zeigt, dass dein Thema nicht nur eine Wiederholung alter Erkenntnisse ist, sondern tatsächlich neues Wissen beitragen kann.
- Orientierung: Hast du die Lücke deutlich formuliert, hilft dir das bei der Struktur deiner Arbeit – denn alles wird auf das Ziel ausgerichtet, diese Lücke zu schließen oder zumindest zu verkleinern.
- Praxisbezug: Gerade wenn du deine Bachelorarbeit in einem Unternehmen schreibst, verdeutlicht eine gut definierte Forschungslücke den Nutzen für die Praxis. Eine Forschungslücke kann sich etwa auf neue Technologien, veränderte Kundenerwartungen oder einen gänzlich unerforschten Aspekt der Unternehmenskultur beziehen.

Schritte, um eine Forschungslücke zu finden
Gründliche Literaturrecherche
Am Anfang steht immer die systematische Literaturrecherche. Verschaffe dir einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand, indem du relevante Bücher, Aufsätze, Artikel in Fachzeitschriften und Konferenzbeiträge liest. Notiere dir wichtige Schlagwörter, Theorien und Methoden.
- Achte auf aktuelle Quellen (bspw. innerhalb der letzten 5–10 Jahre).
- Nutze Datenbanken wie Google Scholar, SpringerLink, EBSCO oder ScienceDirect.
- Markiere direkt Auffälligkeiten: Wo liegen Widersprüche? Welches Thema wird nur am Rande erwähnt?
Analyse bisheriger Erkenntnisse
Hast du einen soliden Überblick, nimmst du die gefundenen Studien unter die Lupe. Stelle dir Fragen wie:
- Wurden bestimmte Variablen noch nicht untersucht?
- Gibt es methodische Einschränkungen in älteren Studien, die man heute besser lösen kann?
- Hat sich das Umfeld verändert, was neue Erkenntnisse braucht (z. B. neue Technologien oder aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen)?
Achte besonders auf die Diskussion und Limitationen in bereits publizierten Arbeiten. Häufig nennen die Autorinnen und Autoren selbst Bereiche, die noch weiter zu erforschen sind.
Relevanzcheck
Nicht jede Lücke ist automatisch prädestiniert für deine Abschlussarbeit. Prüfe die Wissenschaftlichkeit und praktische Relevanz des Themas:
- Erhältst du Zugang zu den notwendigen Daten?
- Ist der Bearbeitungsaufwand im Rahmen deiner Zeitpläne leistbar?
- Erfüllt das Thema die formalen Kriterien deiner Hochschule?
Forschungslücke definieren
Hast du erkannt, wo Forschungsbedarf besteht, formulierst du deine Forschungslücke möglichst präzise.
Beispiel:
In bisherigen Studien wurde der Zusammenhang zwischen Nutzungsdauer sozialer Medien und psychischer Gesundheit Jugendlicher analysiert. Allerdings fehlen Untersuchungen zu den spezifischen Auswirkungen auf das Schlafverhalten von Teenagern.
Du siehst, dass du hier ganz konkret ansprichst, was fehlt (Auswirkungen auf das Schlafverhalten), obwohl es bereits Studien zum Thema Social Media und psychische Gesundheit gibt.
Forschungsfrage ableiten
Auf Basis dieser Forschungslücke kannst du nun eine klare Forschungsfrage entwickeln. Diese Frage beleuchtet genau den Aspekt, der bisher unbeantwortet oder unzureichend geklärt ist.
Beispiel:
Wie beeinflusst die nächtliche Nutzung der Plattform TikTok das Schlafverhalten von Jugendlichen zwischen 13 und 17 Jahren?
Wo und wie beschreibe ich die Forschungslücke in meiner Arbeit?
In den meisten Fällen solltest du die Forschungslücke in der Einleitung beschreiben, nachdem du kurz das Thema eingeführt hast. Zeige zunächst auf, warum das Thema generell relevant ist. Danach kannst du elegant auf die Forschungsdiskussion hinleiten und die Lücke aufzeigen. Letztendlich leitest du daraus deine Forschungsfrage ab.
Typische Formulierungen:
- Bislang wurde der Faktor X kaum beleuchtet, was zu der offenen Frage führt, …
- Bisherige Studien konzentrieren sich vor allem auf Y, lassen jedoch Z unberücksichtigt …
- Die Forschungslücke besteht darin, dass …
Beispiele für mögliche Forschungslücken
Widersprüchliche Befunde: Mehrere Studien zeigen unterschiedliche Ergebnisse.
- Einige Studien belegen einen positiven Einfluss, andere einen negativen – Unklarheit herrscht darüber, welche Bedingungen hierfür ausschlaggebend sind.
Nicht berücksichtigte Perspektive: In vielen Untersuchungen fehlt der Blickwinkel einer bestimmten Personengruppe, Region oder Branche.
- Obwohl der Onlinehandel intensiv erforscht ist, liegen kaum Studien zu Seniorinnen und Senioren als Zielgruppe vor.
Neue Technologien oder Trends: Es fehlt an aktuellen Arbeiten, die sich an die fortschreitende Entwicklung anpassen.
- Die Auswirkungen von Künstlicher Intelligenz im HR-Bereich sind noch nicht umfassend untersucht.
Methodische Lücke: Bestehende Arbeiten nutzen ähnliche Methoden, eine alternative Herangehensweise könnte neue Erkenntnisse liefern.
- Bisherige Analysen basieren ausschließlich auf quantitativen Daten, qualitative Ansätze fehlen jedoch völlig.
Häufige Fehler bei der Formulierung einer Forschungslücke
- Zu allgemein gehalten:
- Es gibt noch nicht viele Studien dazu.
-> Besser genauer beschreiben, was fehlt.
- Fehlende Relevanz:
- Niemand hat dieses Detail betrachtet.
-> Begründe, warum es für Wissenschaft oder Praxis entscheidend ist.
- Überambitionierte Ziele:
- Ich decke alle Probleme in diesem Feld auf.
-> Bleibe realistisch und eingrenzbar.
- Unklare Quellenlage:
- Man kann nichts finden, also ist es eine Lücke.
-> Möglicherweise ist das Thema nur schwer recherchierbar. Eine Lücke muss durch Literatur belegt werden.
Tipps für deine Bachelor- oder Masterarbeit
- Halte Rücksprache mit dem Betreuer: Er oder sie kann dir helfen, die Lücke im richtigen Umfang für dein Studienlevel zu definieren.
- Prüfe aktuelle Entwicklungen: Veränderte Marktbedingungen, neue Gesetzgebung oder technische Innovationen sind oft Indikatoren für Forschungslücken.
- Plane ausreichend Zeit: Eine gründliche Literaturrecherche ist das A und O. Beginne daher so früh wie möglich.
Fazit
Das Finden und Formulieren einer Forschungslücke bildet das Fundament einer überzeugenden Bachelor- oder Masterarbeit. Nur wenn klar ist, welches Problem du genauer untersuchst oder welche Frage noch nicht beantwortet ist, kannst du eine saubere Forschungsfrage ableiten. Somit ist die Forschungslücke kein lästiges Übel, sondern vielmehr der Startpunkt für eine wissenschaftlich wertvolle Untersuchung.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
1. Was ist eine Forschungslücke? Eine Forschungslücke ist ein noch unzureichend erforschter Aspekt in einem Themenbereich, zu dem es ungeklärte oder widersprüchliche Befunde gibt. Durch das Schließen dieser Lücke leistest du einen neuen Beitrag zur wissenschaftlichen Diskussion.
2. Wie finde ich eine Forschungslücke schnell? Sichte die vorhandene Literatur, schaue dir besonders die Diskussion und Limitationen an und beachte auch aktuelle Entwicklungen in deinem Themenfeld. Häufig verweisen Autorinnen und Autoren selbst auf Bereiche, die noch nicht erschöpfend untersucht wurden.
3. Muss ich ein komplett unerforschtes Thema nehmen? Nein, das ist nicht erforderlich. In vielen Fällen reicht es aus, einen bereits bekannten Sachverhalt aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten oder Methoden zu variieren, um andere Erkenntnisse zu gewinnen.
4. Wie leite ich aus der Forschungslücke eine Forschungsfrage ab? Indem du präzise beschreibst, was genau in der Forschung fehlt, kannst du daraus eine Frage formulieren, die dieses Fehlen abdeckt. Beispielsweise:
Wie wirkt sich [fehlender Aspekt] auf [bestimmte Variable] in [Kontext] aus?